Warum ein CRM nutzen

Posted by Pascal Landshoeft on Apr 29, 2016 7:06:35 AM

Warum ein CRM nutzen ?

In meiner Aufgabe als Agenturbetreuer bei Hubspot führe ich Trainings für meine Partner durch. Eine der gestellten Fragen in diesen Trainings in 2016 war "Warum sollte man überhaupt ein CRM nutzen?".

Basierend auf meinen 10 Jahren im Vertrieb in denen ich bis jetzt bei IBM, Oracle & Hubspot gearbeitet habe und mit dem Hubspot CRM und Salesforce CRM momentan täglich in Berührung komme, anbei offene Überlegungen, die allein meine persönliche Meinung reflektieren und nicht die meines momentanen oder meiner früheren Arbeitgeber widergeben.

Die Hauptgründe der Nutzung eines CRMs für den Vertrieb sind aus meiner Sicht die Masse der Kontaktaufnahmen, Klasse der Kontaktaufnahmen, Regelung von Übergaben, Optimierung des Vertriebes durch die Geschäftsleitung / Vertriebsleitung & Minimierung von Fehlerquellen / Betrug. Als letzter und als Vertriebler wichtigster Punkt die Transparenz und Fairness in der variablen Entlohnung der Vertriebsmitarbeiter.

 Was ist ein CRM ?

Bevor man in das Thema "Warum ein CRM nutzen" einsteigt, ist es wichtig zu verstehen als was "CRM" im Beratungsgespräch definiert wird. Der Punkt wird gerne mal übersprungen und alle tun so, als ob sie ganz genau wüssten worüber man spricht (das ist mir auch passiert). Davon würde ich abraten.

Als Berater wird man seine eigene Definition von CRM annehmen und der Kunde sich wahrscheinlich nicht die Blöße geben offen darüber zu sprechen, dass das Verständnis anders und/oder lückenhaft ist.(man möchte ja nicht seine Verhandlunsposition schwächen, Gott bewahre, da ziehe ich mich lieber selbst in ein Ressourcengrab, indem ich dem Verkäufer/Berater/der Agentur wesentliche Informationen vorenthalte)

Resultat kann dabei sein, dass man aneinander vorbei redet und niemand etwas gewinnt außer die Kekse und den Kaffee, die für das Treffen bereit gestellt wurden. Im schlimmsten Fall streckt sich der Zustand über Monate und mehrere Termine hinweg.

Anbei die Definition von Salesforce.com, die hier als Pioniere im Customer Relationship Management für den Vertrieb fungiert haben:

Customer Relationship Management (CRM) is a strategy for managing all your company's relationships and interactions with your customers and potential customers. It helps you improve your profitability.

Hier eine zweite Definition von Webopedia:

In CRM (customer relationship management), CRM software is a category of software that covers a broad set of applications and software designed to help businesses manage customer data and customer interaction, access business information, automate sales, marketing and customer support and also manage employee, vendor and partner relationships. Typically, CRM software is used in the enterprise, however many products scale to a business of any size.

Und hier haben wir auch schon das Dilemma. Dieselbe Abkürzung spricht in der ersten Definition von einer Strategie und in der zweiten Definition von Software. Die Differenzierung zwischen CRM als Strategie und CRM Software fällt im Alltag gerne mal vom Tisch. Die erste Definition bezieht sich nur auf die pontentiellen Kunden, während die zweite auch Zulieferer, Inventar und eigene Mitarbeiter einbezieht. 

Aus meiner Sicht gibt es keine Software aus einem Guß, die eine 360 Grad Sicht auf alle beweglichen Teile eines Geschäftes ohne erheblichen Mehraufwand ermöglicht (auch wenn Hersteller das behaupten mögen). Es gibt die Möglichkeit diese mit erheblichem Programmierungs- und Beratungsaufwand auf einen Kunden zu entwerfen und passend zu machen. In diesen Projekten kauft man in der Regel den Berater auf Projektlaufzeit (Lebzeit?) mit. Das ist an und für sich genommen nicht schlimm, man sollte nur am Anfang wissen, worauf man sich mit der 360 Grad Sicht auf alles unter der Überschrift "Einführung CRM" auf der Projektmappe einläßt.

Was schon möglich ist, ist Teilbereiche in eine 360 Grad Sicht zu heben wie die Warenwirtschaft (z.B. SAP), das Abrechnungswesen (z.B. Oracle), das Online Marketing (z.B. Hubspot) oder den Vertrieb (z.b. Salesforce / Hubspot / Start up Software ihrer Wahl) und diese dann miteinander für die wesentlichsten Datenpunkte zu verbinden.

Die Frage ist also was der Kunde mit seinem CRM erreichen möchte. Die 360 Grad Sicht auf alles zu jeder Zeit mit voller Synchronisation zu allem in Echtzeit und das möglichst ASAP  (was ein unbestimmter Zeitpunkt in der möglichst nahen Zukunft ist = undefiniert), was aus meiner Sicht mit hoher Wahrscheinlichkeit im IT Ressourcengrab endet, oder die Konsolidierung in einem Teilbereich mit möglichst wenigen IT Schnittstellen, um eine bestimmte Kennzahl zu erhöhen oder zu minimieren. Beispiele für Kennzahlen wären Anzahl generieter Leads, generierter Umsatz, Anzahl abgelaufener Milchkartons etc. je nach Projekt und Zielsetzung.

In der Regel sind die Projekte die sich auf die Optimierung einer bestimmten Kennzahl bis zu einem bestimmten Zeitpunkt fokussieren erfolgsversprechenter, wenn ich auf meine 10 Jahre in der IT Branche zurückblicke, als die "Ich will über alles zu jeder Zeit vollste Kontrolle haben" Projekte.

Für diesen Artikel würde ich mich auf den Teilbereich CRM Software für den Vertrieb um den Umsatz zu erhöhen konzentrieren. Ich denke, eine solche Eingrenzung zusammen mit dem Kunden im Erstgespräch auf einen Teilbereich oder Verdeutlichung, dass die Anfrage wirklich "Ultimative Kontrolle über alles zu jeder Zeit" lautet, hilft allen Beteiligten in der Anbahnungsphase eines CRM Projektes für zielgerichtetes Arbeiten bzw. rechtzeitiges Anziehen der Handbremse durch Anpassung der Ewartungshaltungen auf beiden Seiten.

Masse der Kontaktaufnahmen

Gerade im Mittelstand wird dieser Punkt aus meiner Sicht eher vernachlässigt, da sich hier die Prozessdenke gerne auf das Kernprodukt oder den Kernservice beschränkt. Der Inhaber hat eine Firma rund um eine Idee aufgebaut, die er/sie lukrativ in seinen Markt für die Kernkunden absetzt. Hier wird optimiert wo immer es geht und Zeit gespart.

Mein Eindruck ist, dass dies besonders im herstellenden Gewerbe der Fall ist und dieselbe Denke nicht gleich konsequent im Marketing und Vertrieb angewendet wird. Aus diesem Grunde ein kleines Rechenbeispiel:

Aus den diversen Vertriebstrainings, an denen ich bis jetzt teilnehmen durfte (musste ;)), geht hervor dass ein durchschnittlicher Vertriebler nach zwei bis drei Kontaktversuchen beim selben Kunden aufgibt.

In meiner momentanen Rolle wurde dies auf 5 Kontaktversuche, erst per Telefon, wenn  nicht erfolgreich per Email, ausgeweitet. Die meisten Rückmeldungen erhalte ich auf Kontakt 1 (ca. 80% der erhaltenen Rückmeldungen) oder 5 (ca. 20%) basierend auf mehreren tausend Kontaktversuchen im Jahr 2015. D.h. veranschaulicht, dass alle Gespräche, bei denen ich eine Rückmeldung auf Kontaktversuch 5 erhalten habe bei einem Prozess mit 3 Kontaktversuchen nicht zustande gekommen wären.

Die Sequenz ist idealerweise verteilt auf einen Kontakt pro Werktag, sodass man in einer Woche für einen neuen Kontakt durchkommt.

Nehmen wir ein mittelständisches Unternehmen mit zwei Vertrieblern an, die im Monat 12 neue Geschäftschancen erhalten. Das sind drei neue Geschäftschancen in der Woche pro Vertriebler. Das ergibt pro Vertriebler insgesamt 30 Kontaktversuche pro Woche oder 120 Transaktionen im Monat, wenn man 5 Kontaktversuche per Mail und Telefon annimmt. Idealerweise wird zu jedem Gespräch eine Notiz angelegt und abgelegt und eine Folge Email versendet. D.h. pro Transaktion wird auch ein Dokument zur Ablage generiert. Damit sind wir bei einem Vertriebsteam von zwei bei 240 Transaktionen im Monat.

Es kann mir keiner erzählen, dass er wirklich verlässlich und kontinuierlich hier in einer Excel oder im Kopf buch führt. Ich bekomme schon Kopfschmerzen bei der Berechnung dieses relativ überschaubaren Szenarios.

Natürlich ist dieses Modell pro Produkt und Service zu überdenken und anzupassen. Dennoch kann man ohne zu übertreiben davon ausgehen, dass ein Vertriebler mindestens 100 Transaktionen im Monat hat. Ich hoffe für den Arbeitgeber, dass es mehr sind.

Klasse der Kontaktaufnahmen

Auch gerne unter dem Punkt Doppelarbeit geführt. Je mehr Transaktionen und Vertriebler man hat, umso größer wird das Risiko von Doppelkontakten oder das der Kunde Alles zweimal erzählen muss.

Das verlangsamt den Absatz des Produktes durch Missverständnisse und führt im schlimmsten Fall dazu, dass ein interessierter Kunde nicht mehr kauft inklusive Ansehensverlust der Marke. Ein CRM beseitigt dieses Risiko zwar nicht, da im Vertrieb um potentielle Kunden auch intern konkurriert wird (mehr dazu im Punkt Fairness & Transparenz), minimiert es jedoch aufgrund von Kontaktnachweisen und der Möglichkeit klare Zuständigkeit abzugrenzen und für alle nachhaltig transparent zu machen.

Das Risiko, dass dasselbe Thema zweimal besprochen wird, ist geringer und die Vertriebler haben durch Einsicht ind die Kundenhistorie die Möglichkeit die Qualität der Gespräche zu erhöhen, indem sie bei Änderungen der Anforderungen des Kunden auf vorige Gespräche hinweisen und den Grund der Änderung erfragen (evtl. Liegt ein Missverständnis vor oder es gäbe eine bessere Alternative, die keine Änderung der Anforderung oder geringere Anpassung nach sich zieht).

Ein Argument, dass hier gerne gegen die Einführung eines CRM vorgebracht wird, ist dass die Aufzeichnung nur unnötige Mehrarbeit mit sich bringt. In meinem Alltag zeigt sich, dass das nur der Fall ist wenn man die Aufzeichnung als Person nicht ernst nimmt und lässt auf fahrlässiges Arbeiten im Vertrieb schließen. Die erfolgreichsten Kollegen/innen in meiner Karriere streben Protokolle zu jedem Telefonat und Treffen mit ihren Kunden an. Die mangelnde Bereitschaft des Vertriebes seine Aktivitäten aufzuzeichnen ist kein Fehler des CRM, sondern hindert es daran sein volles Potential für den Vertriebler zu entfalten und sollte von der Geschäftsführung aufs Schärfste hinterfragt werden. Wenn man den Punkt der unnötigen Mehrarbeit vorbringt, dann im Zusammenhang damit wie einfach ein CRM zu handhaben und firmenweit zu synchronisieren ist. Das bezieht sich dann jedoch eher darauf welche Form der Dokumentation man wählt, die die wenigste Mehrarbeit mit sich bringt (Tip: Excel Tabellen auf lokalen Festplatten die sich jeden Monat um 100 - 10000 Zeilen erweitern sind eventuell nicht die Lösung mit dem geringsten Aufwand für die Ablage).

Wenn Vertrieb und Geschäftsführung in Personalvereinigung auftreten ist das Argument aus meiner Sicht nicht weniger zutreffend, da die Existenz von mehreren Mitarbeitern am Erfolg oder Misserfolg des Inhabers hängen.

Übergaben

In Zeiten von mehr Rechten für den Mitarbeiter, wenn die Familie Zuwachs bekommt und einer wesentlich einfacheren Erreichbarkeit von neuen Arbeitgebern über XING, LinkedIN und weitere Stellenbörsen im Netz wird das Thema Übergabe aufgrund von Mitarbeiter wechseln umso wichtiger.

Ein gut geführtes CRM verkürzt die Einarbeitungszeit und hilft dabei die wichtigsten Projekte möglichst schnell und reibungslos zu übergeben. Ein neuer Vertriebler kann auch die Datenbank der alten Kontakte nutzen, um sein Vertriebsgebiet zu reaktivieren.

Wenn der alte Vertriebler die Firma verläßt, ohne dass es ein CRM und eine entsprechente Aufzeichnung gibt, fängt der neue Vertriebler in der Regel mehr oder weniger von null an. Hier hat der Vertriebler ein höheres Risiko für Verdienstausfall aufgrund von ausbleibender Komission. Das ist von den Arbeitgeber in zweierlei Hinsicht ein Nachteil in Form von ausbleibendem Neugeschäft und höherem Kündigungsrisiko des neu angestellten Vertrieblers innerhalb des ersten Jahres.

Optimierung

Ein CRM ermöglicht es für den Geschäftsführer und den Vertriebsleiter Aktivitätslevel der Vertriebler, durchschnittliche Dauer von Erstkontakt zu Abschluß, durchscnittliche Auftragsgröße und die Wachstumraten im Umsatz pro Produkt und Service zu messen.

Dies über ein größeres Team mit mehreren Vertrieblern, Produkten & Services langfristig strategisch im Blick zu behalten wird mit reinen Excel Tabellen schwierig. Natürlich erfordert eine Optimierung über diese Datenmengen auch das Wissen, wie man größere Datensätze ausliest und auswertet, was man jedoch nicht mißt, kann man auch nicht objektiv bewerten.

Minimierung von Fehlerquellen und Betrug

Hier habe ich ein ganz konkretes Beispiel aus meiner Schulzeit. An den Wochenenden habe ich mir meinen Führerschein und ehrlicherweise auch den einen oder anderen Ausflug in die nächtliche Disco mit einem Job an einer Tankstelle finanziert.

Die Tankstellen hatten fünf feste Mitarbeiter im Schichtdienst und einen Chef. Der Chef selbst hatte drei Tankstellen im Betrieb und seine rechte Hand hat die geleisteten Stunden zentral in einem Excel Sheet verarbeitet und am Monatsende zur Verrechnung an den Chef weiter gegeben.

Soweit, so gut. Meine Bewerbung ging direkt an die rechte Hand des Chefs und der Inhaber hat mich einmal in einem persönlichen Gespräch unter die Lupe genommen. Bezahlung folgte bar und der Stundenlohn wurde mir von der „Assistenz der Geschäftsführung“, wenn man so möchte, mitgeteilt.

Die ersten Ungereimtheiten fielen mir auf wenn hier und da mal am Ende des Monats gute 100€ gefehlt haben. Als ich darauf aufmerksam gemacht habe, wurde mir mitgeteilt, dass man wohl unter falschem Namen die Wochenendstunden eingetragen hatte. Resultat war, dass ich mit 100€ unter- und meine Schulkollegin mit 100€ überbezahlt wurden. Fehlerquelle war hier (wenn man den Aussagen Glauben schenkt, aber dazu komme ich noch), dass der Verwalter der Excel liste zu viele händische Einträge machen musste aufgrund der vielen getauschten, abgesagten und Überstunden, die zwischen den drei Tankstellen gemacht wurden. Das hätte man dadurch, dass jeder Mitarbeiter seine Stunden selbst einträgt und diese danach freigegeben werden minimieren können.

Da sich das junge Volk gerne mal in der zentralen Dorfdisco auch überregional über den Weg läuft, spricht man auch über den Stundenlohn. Da ist mir aufgefallen, dass anscheinend in den anderen zwei Tankstellen 4€ mehr die Stunde gezahlt wurde als an mich. Ende der Geschichte ist, dass sich an der vom Inhaber am wenigsten besuchten Tankstelle der „Vormann“ die Differenz von 4€ pro Stunde selber in die Tasche gesteckt hatte. Eine Abmahnung später habe ich meine Stunden direkt an den Inhaber gemeldet und für die Wochenenden den Schlüssel zur Tankstelle und alle Wochenendstunden bekommen, die ich wollte.

Das ist nur ein kleines Bespiel dessen, was in einem dezentral geregelten System so alles passieren kann. Ich möchte auch nicht wissen, wie der Inhaber mit dem Konzept seinen Jahresabschluss und Stundennachweis an das Finanzamt gemacht hat…

Transparenz & Fairness

Im obigen Beispiel sind die Summen noch überschaubar. Wenn man allerdings professioneller im Vertrieb wird und die Summen in die tausende gehen, sieht die Welt schon ganz anders aus. Sobald man ein variables Bezahlungsmodell für Vertriebler einführt und mehr als zwei Vertriebler im Team hat kommt man aus meiner Sicht um ein CRM nicht wirklich herum, wenn man Transparenz und faire variable Bezahlung über die Verwaltung der Vertriebsaktivitäten gewährleisten will.

Zusammenfassung

Eine zentrale Ablage für die Vertriebsaktivitäten wird umso wichtiger, je größer der Vertrieb wird und je mehr Transaktionen gemacht werden. Das Arbeitsumfeld bewegt sich auf immer mehr Plattformen, Daten sind zu jeder Zeit an jedem Ort abrufbar und die Systeme zur Speicherung der Daten sind kostenfrei am Markt abrufbar. Die aufgeführten Beispiele sind bewusst im kleinen Rahmen gehalten, um aufzuzeigen, dass die Problemstellungen nicht nur auf DAX notierte Unternehmen zutreffen. Auf dieser Basis wäre ich so frech zu sagen, dass es an Fahrlässigkeit grenzt, wenn man kein CRM nutzt.

Topics: Vertriebstraining

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